Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt grundlegend verändert. Dasklassische Bürokonzept hat ausgedient. Im Fokus steht New Work, dieauch der Mittelstand einfach umsetzen kann. Doch wie lassen sichsolche Modelle in die bestehenden Abläufe integrieren?
G
lobalisierung, demografischer Wandel und die Digitalisierung tragen dazu bei,dass alte Arbeitsstrukturen nicht mehr zeitgemäß erscheinen. Ende der 1980erJahre hat Frithjof Bergmann das Konzept „New Work“, das auch für den Mittel-
stand interessant ist, ins Leben gerufen. Bergmann hatte bis zu seinem Tod im Jahr 2021folgende Vision: „Nicht wir sollten der Arbeit dienen, sondern die Arbeit sollte uns die-nen. Die Arbeit, die wir leisten, sollte nicht all unsere Kräfte aufzehren und uns er-schöpfen. Sie sollte uns stattdessen mehr Kraft und Energie verleihen, sie sollte uns beiunserer Entwicklung unterstützen, lebendigere, vollständigere, stärkere Menschen zuwerden.“
Der neue Stellenwert der Arbeit
Bei New Work für den Mittelstand ist die Arbeit somit nicht mehr nur ein geldorien-tierter Bereich, der die Existenz sichert. Stattdessen sollen Mitarbeiter einer Tätig-keit nachgehen, die sinnvoll erscheint und für die sie sich begeistern können. Hierkönnen Unternehmen beispielsweise ansetzen, um für zukünftige Fachkräfte attrak-tiv zu werden. Denn gerade die Generationen Y und Z müssen einen Sinn in dem fin-den, was sie täglich tun.
Was zeichnet New Work für den Mittelstand aus?
Im Fokus von New Work für den Mittelstand stehen Wertmaßstäbe, welche für dieBeschäftigen entscheidend sind. Arbeitnehmer möchten sich frei und flexibel füh-len. Sie wollen selbstständig und eigenverantwortlich arbeiten und an einer Ge-meinschaft teilhaben, die sie beruflich und privat erfüllt. Arbeit soll nicht kaputtmachen, sondern das Leben bereichern. Und motivierte Mitarbeiter erbringen dannauch bessere Leistungen. Es geht also um die persönliche Selbstverwirklichung undWeiterentwicklung im beruflichen Leben. Diese wirkt sich auch positiv auf das Pri-vatleben aus. Gerade hier können mittelständische Firmen gegenüber Konzernenpunkten. Denn sie haben flache Hierarchien und es gibt in der Regel ein enges Ver-trauensverhältnis zwischen allen Beteiligten. Die Mitarbeiter identifizieren sich mitder Firma und sind darauf bedacht, den Fortbestand des Unternehmens zugewährleisten.
Individuelle Lösungsansätze für jeden
Der Mittelstand muss laut Prof. Dr. Rob Wiechern, Professor für Unternehmensführungam Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Kiel, den Betrieb mit den New-Work-Modellen nicht komplett umgestalten. Im Interview mit der Online-Redaktion der Wirt-schaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH sagte er, es hilft,wenn Unternehmer sich fragen, in welchen Bereichen sich bisherige Arbeitskonzepteerfolgreich bewährt haben und in welchen nicht. Jedes Unternehmen sollte individuellerarbeiten, welche New-Work-Konzepte realisierbar sind. Es kann zum Beispiel förder-lich sein, wenn qualifizierte Mitarbeiter über das nötige Wissen verfügen, um in ver-schiedenen Abteilungen einsetzbar zu sein. Zudem kann ein Angebot von ständigenWeiterbildungsmaßnahmen für alle Betriebszugehörigen einen Fachkräftemangelausgleichen.
Eine neue Führungskultur etablieren
Ein weiterer Handlungsansatz kann gemäß Rob Wiechernfür Unternehmer darin liegen, sich selbst und das Füh-rungsmanagement zu hinterfragen. Den Mitarbeitern kannbeispielsweise mehr Verantwortung übertragen werden.Aber auch größere Entscheidungskompetenzen stärken dieMotivation der Angestellten und etablieren eine neue Füh-rungskultur. New-Work–Konzepte lösen zudem starre Be-triebshierarchien beim Mittelstand ab. Die Führungskraftkontrolliert die Beschäftigten nicht mehr im Sinne einerWeisungsinstanz. Sie steht als eine Art Coach zur Verfü-gung, die den Mitarbeitern mit Vertrauen und einer empa-thischen Grundhaltung zur Seite steht. Arbeitnehmer und -geber arbeiten miteinander auf Augenhöhe.
Work-Life-Flow als New-Work-Konzept für den Mittelstand
Die Firma Microsoft wandelte die „Work-Life-Balance“ in den „Work-Life-Flow“ umund erstellte hierzu sogar einen Podcast. Das berufliche und private Leben der Ar-beitnehmer soll nicht mehr nur miteinander vereinbar sein, sondern fließend inein-ander übergehen. Darunter fällt beispielsweise das Remote Working. Im Gegensatzzum festen Homeoffice kann der Angestellte sich dort seinen Arbeitsplatz und dieArbeitszeit frei aussuchen. Sogar hybride Arbeitsweisen sind eine Entlastung für dieBeschäftigten. Firmenangehörige können selbst wählen, wo und wie sie arbeitenmöchten. Nicht nur Gleitzeitmodelle oder die 4-Tage-Woche, sondern auch individu-elle Arbeitszeit und die Vertrauensarbeitszeit erleichtern die Vereinbarkeit von Be-rufs- und Privatleben.
Die Mitarbeiter entscheidenüber den Erfolg
Die neuen Arbeitsmodelle für den Mit-telstand verkörpern somit den hohenStellenwert der Flexibilität für Arbeit-nehmer. Jedoch müssen nicht nur Un-ternehmer des Mittelstandes von denNew-Work-Konzepten überzeugt sein.Entscheidend ist nämlich immer eines:jedes neue Arbeitsmodell hat nur Erfolg,wenn auch die Mitarbeiter im Unter-nehmen davon überzeugt werden kön-nen, diese Neuerung mitzutragen.